Unternehmensumwandlungen - 15. März 2013

Wechseln, verschmelzen und spalten

Der Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer hat seine Rechnungslegungsstandards dem geänderten Umwandlungsgesetz angepasst.

Das Umwandlungsgesetz (UmwG), das am 1. Januar 1995 in Kraft getreten ist, wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert. Dabei wurde insbesondere mit dem Dogma der Anteilsgewährpflicht gebrochen, die grenzüberschreitende Verschmelzung in das UmwG eingeführt sowie die „Spaltungsbremse“ des § 132 UmwG a.F. aufgehoben. Darüber hinaus wurden Verschmelzungen und Spaltungen von Unternehmen unter Beteiligung einer Aktiengesellschaft (AG), Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) oder Societas Europaea (SE) vereinfacht. Vor diesem Hintergrund hat der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) seine in der Praxis viel beachteten Rechnungslegungsstandards zum Formwechsel (IDW RS HFA 41), zur Verschmelzung (IDW RS HFA 42) und zur Spaltung (IDW RS HFA 43) aktualisiert.

Formwechsel

Beim Formwechsel besteht der Rechtsträger in der neuen Rechtsform unverändert weiter (Identitätsprinzip). Da beim Formwechsel kein Vermögensübergang erfolgt, sind die Buchwerte des Rechtsträgers fortzuführen. Anders als bei der Verschmelzung und Spaltung scheidet beim Formwechsel eine Rückwirkung aus, da der Formwechsel ein Realakt ist.

Personenhandelsgesellschaft

Beim Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft (PHG) in eine Kapitalgesellschaft (KapG) bleibt die Höhe des bilanziellen Eigenkapitals in seiner Summe grundsätzlich unberührt. Übersteigt das bilanzielle Eigenkapital des formwechselnden Rechtsträgers das in den Statuten der AG/GmbH festgesetzte Grund-/Stammkapital, ist der übersteigende Betrag in die Kapitalrücklage [§ 272 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB)] oder – soweit er nachweislich aus thesaurierten Gewinnen resultiert – in die anderen Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB) einzustellen. Sofern das buchmäßige Reinvermögen der PHG zur Deckung des Grund-/Stammkapitals der Kapitalgesellschaft (KapG) nicht ausreicht, ist der negative Unterschiedsbetrag als Verlustvortrag oder als „Fehlbetrag zum festgesetzten Grund- bzw. Stammkapital“ auszuweisen und künftig wie ein Verlustvortrag zu tilgen. Bei der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister ist der Nachweis zu erbringen, dass das Grund-/Stammkapital durch das Reinvermögen des formwechselnden Rechtsträgers gedeckt ist. IDW RS HFA 41 sieht dafür die Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden zu Zeitwerten vor.

Bei Kettenverschmelzungen werden die Schlussbilanzen der Rechtsträger auf den gleichen Stichtag aufgestellt.

Kapitalgesellschaft

Beim Formwechsel einer KapG in eine PHG ist das Eigenkapital nach § 264c Abs. 2 HGB zu gliedern. Anstelle des Grund-/Stammkapitals werden die Kapitalanteile der Gesellschafter ausgewiesen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die betragsmäßig festzusetzenden Pflichteinlagen in der Summe dem Grund- bzw. Stammkapital entsprechen. Vielmehr können die Gesellschafter im Formwechsel­beschluss festlegen, wie die weiteren Eigenkapitalbestandteile auf verschiedene Gesellschafterkonten verteilt werden. Bei der Anmeldung ins Handelsregister muss die Aufbringung der Pflichteinlage nicht nachgewiesen werden.
Eine GmbH, die zur AG werden will, muss ihr Stammkapital gegebenenfalls auf den nach § 7 Aktiengesetz (AktG) geforderten Mindestnennbetrag des Grundkapitals in Höhe von 50.000 Euro erhöhen. Andernfalls ist der Formwechsel nicht zulässig.

Verschmelzung

In der Stellungnahme des IDW zur Rechnungslegung „Auswirkungen einer Verschmelzung auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss“ (IDW RS HFA 42) werden erstmals die sogenannte Kettenverschmelzung sowie die Bilanzierung bei grenzüberschreitender Verschmelzung geregelt. Ferner enthält IDW RS HFA 42 erstmals Bestimmungen zur Bilanzierung von Verschmelzungen unter Verzicht auf eine Anteilsgewähr (§§ 54 Abs. 1 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG), die in der Praxis insbesondere bei der Verschmelzung von Schwestergesellschaften und bei Konzernverschmelzungen Bedeutung haben.

Verschmelzung von Schwestergesellschaften

Für die bilanzielle Abbildung bei der Verschmelzung von Schwestergesellschaften (Side-Stream-Merger) unter Verzicht auf die Gewährung von Anteilen gelten die folgenden Grundsätze:

  • Bei Übergang eines positiven (bzw. negativen) Reinvermögens liegt aus Sicht des übernehmenden Rechtsträgers eine unentgeltliche Gesellschafterleistung (bzw. Sachentnahme) vor. 
  • Die unentgeltliche Gesellschafterleistung, die mit dem vorsichtig geschätzten Zeitwert zu bewerten ist, führt beim übernehmenden Rechtsträger zu einer Dotierung der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB. 
  • Die Sachentnahme ist mit dem (disponiblen) Eigenkapital zu verrechnen. Dabei sind – falls der übernehmende Rechtsträger eine KapG ist – die jeweiligen Kapitalschutzvorschriften zu beachten (§ 30 GmbHG, § 57 AktG). 
  • IDW RS HFA 42 enthält erstmals auch Anweisungen zur Bilanzierung grenzüberschreitender Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften (Heraus- oder Herein-Verschmelzung).

Herein-Verschmelzung ausländischer Kapital­gesellschaften

Für eine Herein-Verschmelzung einer ausländischen, in der Europäischen Union (EU) oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ansässigen KapG als übertragenden Rechtsträgers gelten die folgenden Grundsätze:

  • Die ausländische KapG muss keine an die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) angepasste Schlussbilanz erstellen.
  • Das Wahlrecht des § 24 UmwG ist auch für die grenzüberschreitende Verschmelzung eröffnet mit der Folge, dass bei Ausübung des Wahlrechts zugunsten der Buchwertfortführung der inländische Rechtsträger grundsätzlich die – gegebenenfalls nicht GoB-konformen – Wertansätze des ausländischen Rechtsträgers aus dessen Schlussbilanz übernehmen darf. Anpassungen nicht GoB-konformer Buchwerte sind bei Vermögensgegenständen (bzw. Schulden) nur erforderlich, falls diese über (bzw. unter) deren Zeitwerten liegen.
  • Schließlich adressiert IDW RS HFA 42 erstmals auch die Behandlung von Anwachsungen, bei denen das Reinvermögen einer PHG, wie bei einer Verschmelzung, durch Gesamtrechtsnachfolge dem letztverbleibenden Gesellschafter anwächst (sogenanntes Austrittsmodell). Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, das Wahlrecht des § 24 UmwG auf die bilanzielle Abbildung der Anwachsung entsprechend anzuwenden.

Eine Ausgliederung von Pensionsverpflichtungen auf eine sogenannte Rentnergesellschaft ist zulässig.

Spaltung

Die Stellungnahme des IDW zur Rechnungslegung „Auswirkungen einer Spaltung auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss“ (IDW RS HFA 43) wurde um Grundsätze zur Bilanzierung im Jahresabschluss des Anteilseigners des übertragenden Rechtsträgers bei sogenannten Side-Stream-Split-ups oder Side-Stream-Spin-offs erweitert.
Sind bei einer Aufspaltung die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers auch (identisch) an den übernehmenden Rechtsträgern beteiligt und verzichten sie auf die Gewähr von Anteilen, gehen sie zum einen ihrer Anteile am übertragenden Rechtsträger verlustig (Abgang), zum anderen erhöht sich jeweils der innere Wert ihrer Anteile an den übernehmenden Rechtsträgern. Für diese Anteile entstehen nachträgliche Anschaffungskosten, die sich nach Tauschgrundsätzen (Wahlrecht) bestimmen. Entsprechendes gilt für eine Abspaltung.
Spaltet eine AG einen positiven Vermögenssaldo ab, kann die hieraus resultierende Vermögensminderung eine Kapitalherabsetzung bei der AG erforderlich machen. Diese kann als vereinfachte Kapitalherabsetzung erfolgen, falls sie erforderlich im Sinne der §§ 139 S. 1, 145 S. 1 UmwG ist. Bei einer AG ist eine Kapitalherabsetzung nach (der gesellschaftsrechtlich nicht unumstrittenen) Ansicht des HFA erst erforderlich, wenn die Vermögensminderung auch mit den nach § 150 AktG geschützten Eigenkapitalteilen (beispielsweise der gesetzlichen Rücklage) verrechnet wurde.

Rentnergesellschaft

Eine Ausgliederung von Pensionsverpflichtungen auf eine sogenannte Rentnergesellschaft ist spätestens seit der Aufhebung der „Spaltungsbremse“ des § 132 UmwG a.F. zulässig. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BAG die Rentnergesellschaft mit einem Vermögen auszustatten, das ihr auch künftige Anpassungen der Renten nach § 16 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) ermöglicht. Zudem besteht für den übertragenden Rechtsträger eine zehnjährige Nachhaftung (§ 133 Abs. 3 S. 2 UmwG).
Im Unterschied zu einer Auf- oder Abspaltung hat eine Ausgliederung keine Auswirkungen auf die Anteile des Anteilseigners des übertragenden Rechtsträgers und ihre bilanzielle Abbildung, da die Ausgliederung lediglich eine Vermögensumschichtung des übertragenden Rechtsträgers darstellt.

Zum Autor

PO
Prof. Dr. Peter Oser

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Stuttgart

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