Die Passion von Dr. Enno Cöster im Maßstab 1:87 - 12. Februar 2013

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In seiner Kanzlei studiert Dr. Enno Cöster Akten und Gesetze, um Marken und Gewerbliche Schutzrechte für seine Mandanten zu schützen. Zu Hause taucht er in eine andere Welt ein: die Miniaturwelt der Modelleisenbahn. Es ist immer eine Begegnung mit seiner Jugendzeit, aber auch mit der realen Welt. Denn Cöster schützt unter anderem die Marken der Nürnberger Spielwarenmesse.

Wenn Dr. Enno Cöster die Stufen zu seinem Studio hochsteigt, dann verabschiedet sich die reale Welt nach und nach, und es öffnet sich eine Miniaturwelt: Es ist seine Modelleisenbahn, eine Märklin H0 im Maßstab 1:87. Sie belegt fast das ganze Geschoss. Hierher kommt er, wenn er abschalten will. Dann setzt er sich an den Computer und denkt sich aus, wie er die Züge steuern könnte. Er arbeitet seit Jahren daran, hat Gleise auf Holzplatten und Trassenbrettchen verschraubt, unzählige Kabel für die Steuerung verlegt und mit Drahtgewebe und Gips Landschaften gebaut und mit Sprühkleber Grünfaser befestigt.
Die Technik hat sich im Laufe der Zeit geändert. Früher lief die Steuerung über Trafos, dann kam die Digitaltechnik und heute findet alles am Bildschirm statt. Aber auf seiner Miniaturwelt ist die Zeit stehengeblieben. Hier verkehren noch die Züge aus seiner Jugendzeit – mit wenigen Ausnahmen: die bekannte V200 zum Beispiel, mit den in den 60er-Jahren üblichen Waggons, aber ausgestattet mit den technischen Finessen des Computerzeitalters. „Der Modelleisenbahner interessiert sich für die Zeit, die er als Jugendlicher erlebt hat“, erzählt Cöster. In den 60er-Jahren waren Modelleisenbahnen beliebt und begehrt, nicht nur unter den Heranwachsenden, sondern auch bei den Vätern.

Wir Juristen versuchen auch immer vorauszusehen, wie das Gericht oder die Gegenpartei reagiert.

Dr. Enno Cöster

Heute ist das anders. Sein Sohn hat kein Interesse an der Modelleisenbahn. Aber damals, als Cöster zur Schule ging, hatten viele seiner Klassenkameraden auch eine Anlage. Und sie haben sich ausgetauscht und gemeinsam ihre Züge aufgestellt und ausprobiert. Nach dem Abitur war erst einmal Schluss. Er hat Rechtswissenschaften an der Uni Hamburg und in Washington D.C. studiert und eine Promotion im Kartellverwaltungsrecht abgelegt. 1980 hat er seine Kanzlei gegründet und sich als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz etabliert. Die Kanzlei ist auf der Nürnberger Spielwarenmesse präsent und kümmert sich dort um den Schutz von Patenten, Marken und Urheberrechten. Seine Leidenschaft für die Modelleisenbahn ist neu belebt worden, als er im Beruf schon erfolgreich war und den für das Hobby erforderlichen Platz hatte. Seit mehr als 15 Jahren arbeitet er nun an seiner Anlage. Vor drei Jahren hat er die Computersteuerung eingeführt und hat sich seitdem in die Software vertieft und Routinen programmiert, die einen automatischen Ablauf erlauben. Man merkt ihm die Begeisterung an, wenn er die Vorgänge auf den Gleisen erläutert. Er sagt: „Es macht Spaß zu sehen, dass die Züge aufeinander warten. Wenn eine Fahrstraße besetzt ist, kann ein anderer Zug nicht rangieren. Solche komplexen Vorgänge erfordern volle Konzentration, einen wachen Verstand und eine schnelle Auffassungsgabe. Wir Juristen versuchen auch immer vorauszusehen, wie das Gericht oder die Gegenpartei reagiert.“ Aber solche Analogien missfallen ihm.

Er möchte keine Denkvorgänge, wie sie im Beruf vorkommen. Neben der Macht, Züge fahren zu lassen, die Abläufe zu bestimmen, fasziniert ihn die Detailgenauigkeit. Er hat sich beispielsweise eine Lok gekauft, die künstlich verschmutzt ist, weil sie so realistischer aussieht. Und seine neueste Errungenschaft, die Nachbildung einer Lok aus den 70er-Jahren hat fünfzehn verschiedene Funktionen – vom Motorengeräusch über eine Hupe und Bremsenquietschen bis zum Sound von Schienenstößen. In dem Augenblick kann man sich Modelleisenbahner als einzigartige Charaktere vorstellen: egozentrisch, verspielt und unendlich detailverliebt. Doch mit Blick auf den Markt wird deutlich, dass die Welt der Modelleisenbahnen ein Country for Old Men ist. „Die Hersteller“, sagt Cöster, „haben sich auf die Altersgruppe der 50- bis 70-Jährigen eingerichtet.“ Irgendwann wird es dieses Hobby im jetzigen Umfang nicht mehr geben. Deshalb würde er sich auch keine Loks als Wertanlage kaufen. Auch in dem Punkt ist er realistisch.

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Zu den Autoren

Dr. Enno Cöster

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Er ist Partner bei Cöster & Partner Rechtsanwälte in Nürnberg sowie Lehrbeauftragter der Technischen Hochschule Nürnberg.

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Herbert Fritschka

Redaktion DATEV magazin

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